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IT-Entscheider müssen ihre Cloud-Pläne überdenken.

Nicht nur die Fachpresse berichtete über den Paukenschlag der amerikanischen Richterin. Auch bei Spiegel Online war nachzulesen welche Tragweite das Urteil von Richterin Loretta Preska hat. Sie entschied, dass der Microsoft-Konzern Datensätze europäischer Kunden an US-Geheimdienste herausgeben muss. Microsoft wirbt seit geraumer Zeit damit, dass die Daten deutscher Cloud-Kunden sicher sind. Sie seien schließlich auf europäischen Servern gespeichert. – Ein Irrtum, wie die Richterin nun klar machte.

US-Richterin. CC-Foto von Village Square. https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/

US-Richterin. CC-Foto von Village Square. https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/

Deutsche IT-Entscheider werden das aktuelle Urteil, das allerdings noch nicht rechtskräftig ist, in ihre Cloud-Überlegungen einbeziehen müssen. Die aktuelle Entwicklung beim Top-Thema Cloud zwingt noch einmal zu grundsätzlichem Nachdenken. Sich nur auf die Versprechen von IT-Konzernen zu verlassen, war noch nie gut.

Die öffentlich geführte NSA-Debatte hat bewirkt, dass Unternehmensvorstände genauer nachfragen. Sie weisen ihre IT-Manager auch nachdrücklicher darauf hin, dass sie für die Sicherheit der Unternehmensdaten Verantwortung tragen. Lange Zeit haben Vorstände ein Auge zugedrückt, wenn IT-Abteilungen bei Pannen auf die großen IT-Konzerne verwiesen. Das wird zunehmend nicht mehr so sein. Vor diesem Hintergrund ist absehbar, das das Urteil unabhängiger Berater künftig ein größeres Gewicht hat. IT-Freelancer werden mehr zu tun bekommen. Ihre Expertise wird von IT-Entscheidern künftig mindestens genau so gefragt sein, wie die der Key Accounter großer IT-Konzerne.

NDR und WDR mit neuen Enthüllungen zum NSA Skandal: Wer verschlüsselt gilt als Extremist.

Bisher haben amerikanische Politiker stets betont, es gehe der NSA lediglich darum Extremisten aufzuspüren. Jetzt enthüllen ARD Journalisten, wen und was die NSA für extremistisch hält. Z.B. auch Menschen, die bei Google Suchbegriffe wie „Tor“ oder „Tails“ eingeben und sich über das Tor-Netzwerk informieren. Ein Tagesschau-Bericht und das Magazin Panorama zeigen außerdem, dass es sich nicht um journalistische Zuspitzungen handelt. Der Begriff „Extremist“ taucht als Kommentar im Quellcode des X-Keyscore-Programms auf. Mehr dazu auch in der Süddeutschen.

Trauriges Resümee: Ein IT-Freelancer der im Kundenauftrag Industriespionage verhindern soll und in diesem Zusammenhang entsprechende Internetrecherchen durchführt, gerät mit Sicherheit ins Fadenkreuz des amerikanischen Geheimdienstes NSA.

Spannend bleibt auch, ob der Generalbundesanwalt weiterhin Ermittlungen gegen den amerikanischen Geheimdienst vermeiden kann. Panorama präsentiert nämlich einen deutschen Informatikstudenten, der von der NSA ausspioniert wurde. Neben der Ausspähung des Kanzlerin-Handys wäre das ein zweiter konkreter Spionagefall. Es wir also schwerer Ermittlungen zu umgehen. Legendär sind mittlerweile die Pressekonferenzen des Generalbundesanwalts zur NSA-Affäre.

EU-Projekt „Digital.me“: Auf dem Weg zum europäischen Facebook-Konkurrenten?

In Sachen Internet kommt die EU langsam in fahrt. CC-Foto von rockcohen. http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

In Sachen Internet kommt die EU langsam in fahrt. CC-Foto von rockcohen. http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

Wenn der NSA-Skandal einen guten Nebeneffekt hat, dann den: Politiker aller Parteien verlangen, das Internet nicht länger nur den Amerikanern zu überlassen. Sie verlangen mehr europäisches Engagement in Sachen Internet. Als Vorbild wird gerne auf die Erfolgsgeschichte von Airbus verwiesen. Airbus wurde bekanntlich aus einem ähnlichen Grund auf den Weg gebracht. Man wollte ein europäisches Gegengewicht zur dominierenden amerikanischen Flugzeugindustrie schaffen.

Bereits 2010, also einige Zeit vor dem NSA-Skandal hat die europäische Union ein Internet-Forschungsprojekt initiiert. Ziel war die Entwicklung eines Gegenentwurfs zu sozialen Netzen wie Facebook. Der europäische Gegenentwurf sollte mehr Kontrolle über die eigenen Daten erlauben und die Daten sollten dezentral gehalten werden. Acht Forschungsinstitute und Industrieunternehmen waren an dem Projekt beteiligt. Jetzt stellten sie den Quellcode ihres Entwurfs online. Der Deutschlandfunk berichtete in seiner Sendung Computer und Kommunikation darüber. Das Interview mit dem Projektkoordinator findet man hier.
Zur Projekt-Homepage des Fraunhofer Instituts geht es hier.

Bleibt abzuwarten, ob der Entwurf des Forschungsprojekts von der interessierten Öffentlichkeit aufgegriffen und zu einem handhabbaren Produkt weiterentwickelt wird. Vielleicht von Linux-Gemeinden, oder Organisationen wie Mozilla, die den weltweit führenden Internetbrowser Firefox entwickelt. Wünschenswert wäre, dass das Engagement der EU nicht nachlässt. Die Weiterförderung bis zu einem marktreifen Produkt wäre angesichts der amerikanischen Dominanz im Internet mehr als gerechtfertigt. Und gegen die Europa-Müdigkeit der Bürger würde mit solchen Projekten auch etwas getan. Andere Projekte sollten folgen. Wie wäre es beispielsweise mit einem europäischen Gegenentwurf zu Googles Monopol bei den Suchmaschinen? Diskutiert wird das schon seit Jahren. In der augenblicklichen politischen Lage hätte ein solches Projekt gute Chancen auf Verwirklichung.

Fall Snowden: Keine Industriespionage?

Abhörskandal. CC-Foto von Patrick Stahl (pdstahl). http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

Abhörskandal. CC-Foto von Patrick Stahl (pdstahl). http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

Kurz vor Abschluss seiner USA-Reise gab Bundesinnenminister Friedrich bekannt, welche Erkenntnisse er im Fall Snowden mitbringt. In einem Interview der Tagesthemen sagte er, das Ausspähprogramm Prism sei vergleichbar mit dem deutschen G10-Gesetz. Seine Gesprächspartner hätten ihm außerdem gesagt, dass die US-Geheimdienste keine Industriespionage betreiben.

Wer die Nachrichten schon ein wenig länger verfolgt, wird sich verwundert die Augen gerieben haben. Gab es nicht schon vor Jahren Meldungen über amerikanische Industriespionage? Nur gut, dass das Internet nichts vergisst. Füttert man eine Suchmaschine mit dem, was noch in Erinnerung ist, stößt man schnell auf die entsprechenden Meldungen. Enercon heißt das ausspionierte Unternehmen. Enercon ist Pionier der Windkraftbranche und galt schon immer als innovativer Technologieführer. Das ARD-Wirtschaftsmagazin Plusminus berichtete bereits 1998 über Ausspähungen. Der US-Geheimdienst NSA soll die bei Enercon gewonnenen technischen Details an ein amerikanisches Unternehmen weitergegeben haben. Dieses Unternehmen hat dann in den USA entsprechende Patente eingereicht. Enercon durfte daraufhin seine Produkte nicht in die USA verkaufen. Der Schaden für Enercon wird auf etliche Millionen Euro geschätzt. 300 Arbeitsplätze konnten nicht geschaffen werden.
In Folge des ARD-Berichts kritisierte die Fraktion der Grünen den damaligen Ministerpräsidenten und späteren Bundeskanzler Schröder. Das alles war bereits 1998 in der öffentlichen Diskussion.

Wer in Wikipedia unter „NSA“ nachschaut, findet schon in den ersten Zeilen, dass es noch frühere Pressemeldungen gab. Z.B. im Spiegel und in der Zeit. Beide berichteten von „umfangreicher Lauschtätigkeit der NSA in Deutschland“; und zwar schon im Jahr 1989. Was haben deutsche Politiker seitdem für einen besseren Schutz deutscher Unternehmen getan?

Fall Snowden: Hilft Microsoft den Geheimdiensten?

Microsoft. CC-Foto von Awesometeer. http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

Microsoft. CC-Foto von Awesometeer. http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

Die Enthüllungen im Fall Edward Snowden nehmen kein Ende. Jüngste Nachricht: Microsoft soll dem amerikanischen Geheimdienst NSA beim Entschlüsseln von Emails helfen. Bisher hatte Microsoft das immer bestritten.
Medial ist der Fall Snowden längst nicht mehr auf die politische Presse beschränkt. Auch Boulevard-Zeitungen wie z.B. Bild entdecken das Thema. So titelt Bild-Online heute: Half Microsoft der NSA beim Spitzeln?

Auffällig ist das bemühte Wegducken der deutschen Politik. Kanzlerin und Innenminister wollen vom Ausmaß der Bespitzelung nichts gewusst haben. Auch die Opposition fasst das Thema ganz offensichtlich nicht an. Obwohl Wahlkampf ist und das Thema zum Greifen nah auf dem Tisch liegt.
So kommt es derzeit in Talkshows zu kuriosen Situationen. Z.B. in der ZDF-Sendung Maybritt Illner. Während Politiker versuchen, das bekannt gewordenen Ausmaß der Bespitzelung zu relativieren, bemüht sich der Netzaktivist Sascha Lobo, eben diese Politiker anzuschieben gegenüber den USA deutsche Interessen zu vertreten. Der amerikanische Gast bemerkt schließlich: Ich glaube Herr Lobo ist in dieser Runde der einzige deutsche Patriot. – Sascha Lobo mit offenem Hemdkragen und der bekannten roten Irokesen-Frisur als deutscher Patriot. Politiker und Verbandsvertreter als vaterlandslose Gesellen. Der Fall Snowden liefert die Spannung, die der Bundestagswahlkampf bislang vermissen lässt.

Fall Snowden kratzt am Image der USA

PRISM-Demo anlässlich des Besuchs Obamas in Berlin. CC-Foto von Mike Herbst (ubiquit23)

PRISM-Demo anlässlich des Besuchs Obamas in Berlin. CC-Foto von Mike Herbst (ubiquit23) http://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.de

Guantanamo, Tötungen durch Drohnenangriffe, die ständigen negativen Schlagzeilen aus Afghanistan und jetzt noch der Fall Snowden. Als hätten die USA nicht schon genug Probleme. Die immer neuen Enthüllungen um den Fall Snowden kratzen erheblich am Image der Supermacht. Zuletzt wurde bekannt, dass der US-Amerikanische Geheimdienst NSA auch Büros und Computersysteme der Europäischen Union ausspioniert hat.

Heute wird Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger u.a. in der „Welt“ mit folgenden Worten zitiert: Wenn die Berichte zutreffen, erinnert das „an das Vorgehen unter Feinden während des Kalten Krieges“. „Es sprengt jede Vorstellung, dass unsere Freunde in den USA die Europäer als Feinde ansehen“. So klar hat sich bisher noch kein Regierungsmitglied geäußert. Dass die Erklärung vorher mit der Bundeskanzlerin abgestimmt war, darf vermutet werden.
Im Vorfeld von Leutheusser-Schnarrenbergers offener Kritik hat sich Bundespräsident Gauck noch bemüht das ramponierte Image des großen Verbündeten aufzubessern. Im ZDF-Sommerinterview zeigte er Verständnis für die Geheimdienstaktivitäten. Er fügte aber hinzu: „Abwehr ja, aber verhältnismäßig.“ Und genau darüber wird jetzt eine Diskussion anbrechen. Sind die durch Edward Snowden aufgedeckten Aktivitäten der britischen und amerikanischen Geheimdienste verhältnismäßig? – Man darf gespannt sein, wie sich das Thema im deutschen Wahlkampf weiterentwickelt.