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Genossenschaften könnten Leidtragende der Prokon-Pleite werden.

Mitunter ist es in der großen Politik so wie im privaten Umfeld: Einer schlägt über die Stränge; die Allgemeinheit muss es ausbaden. Die Pleite der Firma Prokon ist ein solcher Fall. Der Gesetzgeber nimmt die 1,4 Milliarden Euro Insolvenz zum Anlass, ein Kleinanlegerschutzgesetz zu entwerfen. Leidtragende könnten Genossenschaften sein, also ausgerechnet die Unternehmen mit der mit Abstand niedrigsten Insolvenzquote.

Prokon-Pleite könnte Genossenschaften belasten. CC-Foto von Axel Schwenke. https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/

Prokon-Pleite könnte Genossenschaften belasten. CC-Foto von Axel Schwenke. https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/

Prokon war seit langem im Blick der Verbraucherschützer. Das Geschäftsmodell sei nicht schlüssig und ähnele einem Schneeballsystem. Gewinne der Altanleger würden mit den Einlagen der Neuanleger gezahlt. Auch im Fernsehen wurde ausführlich berichtet. 2013 musste Prokon Insolvenz anmelden. Schuld war laut Prokon aber nicht das Geschäftsmodell, sondern die Berichterstattung. Sie hätte dazu geführt, dass eine große Zahl von Anlegern gekündigt hätten. Erst das hätte die Firma in Zahlungsschwierigkeiten gebracht.

Die Bundesregierung möchte nun leichtgläubige Kleinanleger besser vor Bauernfängern schützen. Müssen aber ausgerechnet die am solidesten wirtschaftenden Unternehmen darunter leiden? Der Referentenentwurf der Bundesregierung sieht u.a. Verschärfungen bei Nachrangdarlehen und sog. partiarischen Darlehen vor. Im Genossenschaftsbereich sind das die Darlehensformen, mit denen z.B. Bürger ihre Alten- und Pflegeheim-Genossenschaft, oder ihren genossenschaftlichen Dorfladen finanzieren. Wenn Dorfläden künftig wie große Aktiengesellschaften einer Prospektpflicht unterliegen, sind derartige Bürgerprojekte eindeutig überfordert. Kosten und bürokratische Arbeit würden solche eigentlich förderungswürdigen Projekte ersticken.

In diesem Zusammenhang macht es Sinn, noch einmal an den Koalitionsvertrag zu erinnern. Die große Koalition sprach sich seinerzeit deutlich die Förderung von Genossenschaften aus. Auf Seite 17 heißt es:
„Wir werden die Gründung von Genossenschaften wie andere Existenzgründungen fördern. Dazu werden wir geeignete Förderinstrumente entwickeln und bestehende anpassen. Wir werden Genossenschaften die Möglichkeit der Finanzierung von Investitionen durch Mitgliederdarlehen wieder eröffnen.“

Das geplante Kleinanlegerschutzgesetz könnte dieser Förderabsicht in die Quere kommen. Deshalb wird sich der Zentralverband deutscher Konsumgenossenschaften (ZdK) in den Anhörungen des Gesetzgebungsverfahrens für die Interessen von Genossenschaften einsetzen. Zwar hat der Verband bereits eine stattliche Zahl von 285 Mitgliedsgenossenschaften mit ca. 323.000 Einzelmitgliedern. Gerade in einem solchen Gesetzgebungsverfahren kann es aber nicht schaden, wenn ein Verband noch gewichtiger auftreten kann. Die Mitgliedschaft im ZdK ist kostenlos.

Coop. CC-Foto von didbygraham. https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/

Coop. CC-Foto von didbygraham. https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/

Der ZdK ist 111 Jahre alt. Er stammt ursprünglich aus dem Bereich des Coop Lebensmitteleinzelhandels. Prominente Menschen aus dem Umfeld des ZdK: Olaf Scholz, Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg. Bis zur Wahl in den 14. Bundestag war Olaf Scholz Syndikus des Zentralverbandes deutscher Konsumgenossenschaften.