Die in der Öffentlichkeit stark beachteten Themen Mindestlöhne und Entsendegesetz haben bewirkt, dass ein für IT-Spezialisten wichtiger Punkt bei der gestrigen Pressekonferenz des Bundearbeitsministers fast ganz in den Hintergrund gedrängt wurde. Nämlich die Tatsache, dass seit dem 01.04.2008 die lange erwartete Gebührenordnung für Informatik-Berufe in Kraft tritt. Nach langem und zähem Ringen in den Expertenanhörungen des Bundestagsausschusses ist sie nun aber in Kraft getreten, die GOIT, die Gebührenordnung für die Informatik-Berufe.
Rechtsanwälte, Architekten, Ärzte, Ingenieure, … ; – sehr viele Berufsgruppen haben Gebührenordnungen. Nur die Gruppe der Informatik-Berufe hatte bisher keinen verbindlichen Gebührenrahmen. Insbesondere für freiberufliche IT-Spezialisten war es daher bislang normal, ihre Tagessätze frei auszuhandeln. Die Honorare regelten sich auf der Basis von Angebot und Nachfrage. Das gehört seit heute der Vergangenheit an.
Eine erste representative Umfrage der noch im Aufbau befindlichen Kammer für die Informatik-Berufe hat allerdings ergeben, dass die neue Gesetzgebung von vielen Vermittlungsunternehmen noch gar nicht registriert wurde. Die Interviewer der berliner Kammer berichteten von nahezu ahnungslosen Vermittlern. Daher wird es derzeit vielfach noch die Aufgabe der IT-Spezialisten sein, bei der Verhandlung des Tagessatzes auf die Gebührenordnung hinzuweisen.
Vor allzu forschem Pochen auf die Gebührenordnung sei allerdings gewarnt. Wie die Medien noch während des Gesetzgebungsverfahrens berichteten, hält die neue Gebührenordnung einige knallharte Überraschungen parat. Wie aus anderen Berufen bekannt, hat der unter die neue Gebührenordnung fallende Personenkreis der zuständigen Kammer seine fachliche Qualifikation nachzuweisen. So wie es auch bei Ingenieuren, Ärzten oder Rechtsanwälten gängige Praxis ist. Die Ergebnisse der Expertenanhörungen des Bundestagsausschuss ließen sich in diesem Punkt schließlich unter folgender einfach greifbaren Formel zusammenfassen: Wer nicht nachweisen kann, dass er mindestens eine Programmiersprache „beherrscht“, fällt nicht unter die Regelungen der neuen Gebührenordnung.
Für Informatiker mit abgeschlossenem Studium kein Problem. Für zurzeit noch gutbezahlte Spezialisten aus dem Bereich Beratung, allerdings eine fast unüberwindbare Hürde. Gerade im bisher recht gut bezahlten Bereich der SAP-Beratung wird sich nach Auskunft der Kammer eine deutliche Korrektur der Tagessätze nach unten ergeben.
Selbst Zertifizierungen von großen Softwarehäusern wie SAP werden nicht als qualifizierend für die Teilnahme an der neuen Gebührenordnung anerkannt. Generell erkennt die Kammer keine Zertifikate von Hard- und Software-Herstellern an.
Kann kein abgeschlossenes Studium nachgewiesen werden, ist es die Aufgabe des IT-Spezialisten eine gleichstellende Praxiserfahrung nachzuweisen. Wie das im Einzelnen aussehen kann, ist noch höchst strittig. So sieht die Gebührenordnung z.B. die Tätigkeit des SAP-Beraters als weniger quailfiziert an, als die des ABAP-Programmierers. Einige Experten sprechen in diesem Punkt bereits von einer sachfremden und rein bürokratischen Einordnung. – Nur eine von vielen Stellen in der neuen Gebührenordnung die die Gerichte noch bemühen wird.
So bleibt abzuwarten wie die neue GOIT in der Praxis gelebt wird. Eines ist schon jetzt sicher. Bis zum ersten April nächsten Jahres wird die Gebührenordung noch für viel Gesprächsstoff sorgen.
Schöne Grüße
Manfred Feige – JARIVA eG – OpenProfiles