Braucht das IT-Leuchtturmprojekt Theseus Hilfe?

Was Theseus ist? Theseus ist das zurzeit wahrscheinlich größte öffentlich geförderte IT-Projekt Deutschlands. Ein sog. Leuchtturmprojekt.
Zur Erinnerung: Der damalige Bundeskanzler Schröder und der französiche Präsident Chirac hatten verabredet, den amerikanischen Internet-Suchmaschinen eine europäische Suchmaschine entgegenzusetzen. Der Name des Projekts: Quaero.
Schon kurze Zeit nach dem Start von Quaero hat sich die deutsche Seite aus dem Projekt verabschiedet. Ende 2006 kündigte die deutsche Regierung auf dem sog. IT-Gipfel ein neues Projekt namens Theseus an. Finanziell sollte Theseus mit öffentlichen Mitteln in Höhe von 90 Millionen Euro ausgestattet werden. Die deutsche Wirtschaft sollte noch einmal einen Betrag in gleicher Höhe drauflegen. Die Kanzlerin kündigte auf dem IT-Gipfel aber auch an, dass sie von Theseus schon in absehbarer Zeit Arbeitsergebnisse sehen wolle.

Und nun das:
Theseus wendet sich mit einem Wettbewerb an die Öffentlichkeit. Gesucht werden Ideen für Theseus.
Was ist davon zu halten? Hat Theseus die Millionen auf dem Konto, aber keine Ideen was damit konkret entwickelt werden könnte? Ist der Ideenwettbewerb eine Art Hilferuf?
Eine echte Gemeinheit der Kanzlerin, Ergebnisse sehen zu wollen. Das stört doch nur die Ruhe beim Verfrühstücken, – Entschuldigung, beim „Verforschen“ der Fördermillionen und bereitet unnötigen Stress. Und unter Stress hat man bekanntlich keine guten Ideen.

Eines wird aus dem Fragenkatalog des Wettbewerbs aber schon deutlich. Nämlich die Zielrichtung von Theseus. Man ist sehr daran interessiert Ideen für das digitale Rechte Management (DRM) zu erhalten. DRM soll die Musikindustrie vor dem unberechtigten Kopieren und Verteilen ihrer Werke im Internet schützen.

In diesem Zusammenhang ist noch wissenswert, dass die Federführung des Großprojekts Theseus, einem Tochterunternehmen von Bertelsmann zugesprochen wurde. Bertelsmann gehört zusammen mit seinem Partner Sony zu den weltgrößten Medienkonzernen; Sony BMG. Gewiss tut es Sony BMG finanziell weh, dass immer mehr Musik einfach im Internet getauscht wird. Da ist es für die Bertelsmann Music Group eine feine Sache, dass der deutsche Steuerzahler gewissermaßen als Schadensersatz für seine Herumkopiererei, die Erforschung des Kopierschutzes der Musikindustrie bezahlt. Eine Sichtweise, die übrigens auch gut vor evtl. aufkommenden Schamgefühlen schützt. – Dem Schamgefühl, die Steuer-Millionen für ureigene Zwecke einzusetzen.

Übrigens: Der Preisträger erhält 10.000 Euro und tritt alle Rechte an seiner Idee ab. Wenn aus der prämierten Idee ein guter Kopierschutz entstehen sollte, ist der Nutzen für die Musikindustrie unabsehbar. Vielleicht sollte Theseus doch noch einmal über die Höhe des Preisgeldes nachdenken? – Andererseits wird an dieser Stelle der ganz besonders sparsame Umgang mit den Fördermillionen deutlich. Man achtet bei Theseus ganz besonders darauf, möglichst wenig von dem großen Kuchen abzugeben. Das ist doch Sparkamkeit? – Oder nennt man das anders?

Vielleicht gelingt Theseus der wirklich geniale Coup: Mit dem Wettbewerb eine gute Idee zum Schnäppchenpreis erwerben, die man der Kanzlerin als gutes Arbeitsergebnis präsentieren kann, um sie dann noch als DRM-Patent anzumelden.
Blöd gelaufen wäre das dann nur für den Ideengeber. Wäre er nicht nur ein guter Erfinder, sondern auch ein wenig geschäftstüchtiger, hätte er seine Idee selbst zum Patent angemeldet, und sie danach an Theseus verkauft.

Schöne Grüße
Manfred Feige – JARIVA eGOpenProfiles

Ein Gedanke zu „Braucht das IT-Leuchtturmprojekt Theseus Hilfe?

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