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Hat Martin Walser recht? Müssen wir Korruption als normalen Bestandteil des Wirtschaftslebens betrachten?

Im Zusammenhang mit der Siemens Korruptionsaffäre und dem Zumwinkel Skandal hat der Schriftsteller Martin Walser wieder einmal mit provokanten Thesen auf sich aufmerksam gemacht. Korruption für die Auftragsbeschaffung hält er für normal. Steuerhinterziehung für nachvollziehbar. Der Staat sei letztendlich selbst schuld.

Um beim Thema Korruption nicht so sehr theoretisch und unverbindlich zu bleiben, sollten wir sie einmal am Beispiel unserer eigenen Branche, der Personalvermittlung, beleuchten und die Frage erörtern, wer letztlich die Zeche bezahlt.

Sollte es Korruption in der Personalwirtschaft geben, dann würde das Scenario in etwa so aussehen: Ein bei einem Konzern gelistetes Personalvermittlungsunternehmen, auf neudeutsch „preferred Supplier“, zahlt einem Sachbearbeiter des Konzerns dafür Schmiergelder, dass Aufträge an ebendieses Personalvermittlungsunternehmen vergeben werden, und nicht etwa an die Konkurrenz.

Wer zahlt jetzt aber letztlich die Zeche?
Die Kalkulation ist bei unserem Beispiel sehr einfach. Statt zwei Verdienern, nämlich dem Vermittler und der Fachkraft, ist ein dritter Verdiener hinzugekommen.
Sein Schmiergeld muss irgendwie aufgebracht werden. Wenn wir davon ausgehen, dass das Vermittlungsunternehmen den korrupten Sachbearbeiter nicht von der eigenen Vermittlungsprovision bezahlt, dann bleiben nur zwei weitere Möglichkeit. Dem Konzern die Rechnung zu erhöhen, oder den Fachkräften ihre Bezahlung zu kürzen. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beiden letztgenannten Varianten.
Der Konzern und die Fachkräfte sind die Verlierer. Wenn Herr Walser meint, mit seinen Äußerungen den Konzernen den Rücken zu stärken, dann erweist er ihnen einen Bärendienst.

Wenn der Konzern nun ebenfalls zum Mittel der Bestechung greift, um an Aufträge zu kommen, zeigt das, warum im Zusammenhang mit Korruption oftmals der Vergleich mit einem Krebsgeschwür bemüht wird. Vielleicht sind zur Bekämpfung des Krebsgeschwürs Korruption Modelle empfehlenswert, wie sie von Hans Leyendecker empfohlen werden. Ertappte Unternehmen einfach für eine bestimmte Anzahl von Jahren von Aufträgen ausschließen. Das ist nach Leyendecker z.B. in Norwegen so. Dort werden ertappte Unternehmen von öffentlichen Aufträgen ausgeschlossen.

Bei der Gelegenheit:
Vielleicht kann Hans Leyendecker sich doch noch endlich entschließen wieder zum Spiegel zu wechseln. Stefan Aust hat ja bekanntlich seinen Chefsessel geräumt. Dann könnten wir norddeutschen Leser uns endlich den Kauf einer süddeutschen Tageszeitung ersparen.